Im Folgenden eine Auswahl meiner Texte. 

Ich freue mich, wenn sie sich von meinen Worte ansprechen lassen.

Lukas 2,22-40                                                                                                    Nun lässt du Herr, deinen Diener in Frieden sterben

Simeon 2020

Wartend sitzt der Alte da.

Wartend auf den Tod.

Die Öde des Alltags,

der ihm nichts mehr zu bieten hat,

lässt ihn in Gleichgültigkeit erstarren.

Das Angewiesensein

auf die Hilfe durch fremde Menschen

treibt ihm die Schamesröte ins Gesicht.

Er denkt an bessere Zeiten.

Eine Träne streift seine Wangen.

Und wieder schwindet jede Erinnerung.

Warten,

warten.

Er hat nicht das Glück,

auf die Erfüllung der Prophezeiung zu hoffen.

An welche Prophezeiung sollte er sich auch erinnern?

Er hat nicht das Glück,

das Heil der Welt erblicken zu dürfen.

Welches Heil sollte ihn denn noch erreichen?

Für ihn wird es nicht licht.

Seine Leben verdunkelt sich

mehr und mehr

von Tag zu Tag.

Ich nehme ihn in die Arme.

Ich umarme ihn.

Nähe.

Wärme.

Herzschlag an Herzschlag.

Und für Sekunden

huscht ein Lächeln über sein Gesicht.

Heil der Welt,

wenn auch nur für einen Augenblick.   

©Christel Fassian-Müller

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Lukas 2,22-40                                                                                          und sie sprach zu allen, die auf die Erlösung Jerusalems warteten. 

Hanna 2020

Als die Alte

das Jesuskind aus der Krippe

in ihren schwachen Armen hielt

wurde mir warm ums Herz.

Ihre sonst

so schweigenden Lippen

sprachen flüsternde Worte

zum Kind.

Ihre

von Falten durchzogene Hände

streichelten sanft

das Antlitz Jesu.

Die Zuneigung des Herrn

verwandelte sie

zur Hanna im Tempel,

der soeben

das Heil der Welt

in die Arme gelegt wurde. 

©Christel Fassian-Müller   

Beobachtung im Park

Im Tierpark sah ich einen Pfau
und dachte nur respektvoll: Wow!
Er schlug ein Rad so wunderschön,
hat es die Welt noch nicht gesehn.

Flanierte stolz, und fand sich toll,
war von Bewunderung selbst voll.
Er stolzierte ohne jede Scheu
an den Menschenmassen stolz vorbei.

Die Pfauenfrauen warn verzückt
und wurden vor Verzückung fast verrückt.

Da kam ein Menschenkind gegangen
und wollt im Spiel den Pfauenmann wohl fangen.
Das Kindlein zog ihm an der Feder.
Ohje das gab ein laut Gezeter.

Es raubte ihm die Perfektion.
Die Pfauenhennen sahn es schon
und blickten mit Entsetzen
auf die Pfauenfederfetzen.

Der Pfauenmann war nun entlarvt
und für den Übermut bestraft.

Und die Moral von der Geschicht?
Traue deinen Federn nicht?

©Christel Fassian-Müller
in wORt.wOrte.

unwirklich

der Frühling schickt seine Boten
doch die Straße ist leer

als ich am Alten Friedhof vorbeiging
vernahm ich eine Blaskapelle,
die einen Verstorbenen auf seinem letzten Weg begleitete

Ihre Tonfolge vermischte sich
mit dem Gesang der Vögel
die Sonnenstrahlen spielten auf dem Asphalt
doch die Straße war leer

vorhin durfte ich mit einer Sterbenden                                    
an ihrem Bett ein Lied singen
ihre schwachen Lippen 

stimmten in meinen Gesang ein       

                  
vor dem Fenster begleiteten uns die Vögel                            
mit ihrem Zwitschern           
das Leben und der Tod gehen ihren Weg trotz allem                                               
unwirklich

©Christel Fassian-Müller April 2020

Genesis 12,1-9               

Geh fort aus deinem Land

Aufbruch

Du hättest auch dortbleiben können,
dir die wohlverdiente Ruhe gönnen,
verharren in dem, was dir Heimat ist,
dort, wo du doch eigentlich nichts vermisst.

Es war doch alles gut, wie‘s war.
Dir gings doch gut in deiner Sippschaft Schar.
Du warst doch wer, du hattest Sagen,
warum solltest du was Neues wagen?

Oder, ob da eine Sehnsucht in dir war?
Verlorner Traum, der dich machte alt und starr?
Zu erstarrt um von selbst zu sehen,
dass Leben muss neue Wege gehen.

Du gingst, ins Ungewisse zogst du los
und obwohl eurer Liebe Schoß
war unfruchtbar, wurdet ihr zum Segen
und konntet neuen Zeiten Zukunft geben.

©Christel Fassian-Müller2020

Winterhauch

Klirrende Kälte legt sich übers Gras,

doch blinzelt die Sonne schon schüchtern hervor,

erinnert, dass sie deiner nicht vergaß,

ruft: ich versteck mich nur hinter Winters Tor.

Bald strecken Blüten zögernd ihr Haupt,

auf Gräbern verdeckt im dichten Schnee.

Oh, dass der Betrübte wohl nicht glaubt,

tote Welt sterbe in Klag und Weh.

Müde noch ruht das neue Leben,

schläft in erstarrter Vergänglichkeit.

Schon ahnt die Welt das ewge Leben.

Du Mensch verharrst nur kurz in deiner Zeit.

©Christel Fassian-Müller

Johannes 8,12                                                                                                 

Ich bin das Licht der Welt.

Osterkerze  

auf Wanderschaft 

Die Blinde
ertastet die Größe der Kerze.
Ihr staunendes Lächeln
erinnert an das Staunen
der Jünger am Grab.

Die Ornamente auf dem Wachs
lassen den dementen Herrn
an seine Kindheit denken.
Sein herzhaftes Lachen
schallt wie die Freude
Maria Magdalenas über den Flur.

Die betagte Dame aus Schlesien
verbeugt sich ehrfurchtsvoll.
Ihre Tränen zeugen
von ihrem tiefen Glauben
an den Gott ihrer Heimat.

Der Schein der Flamme
erhellt das Gesicht
der sterbenden Dame.
Ihre Augen strahlen,
wie das Licht der Auferstehung
im dunklen Grab.
Eine dankbare Träne
berührt zärtlich meine Hand.

Nun verharrt die Osterkerze
in der Kapelle.
Genährt von den
Begegnungen des Osterabends
erleuchtet sie das Haus
zum Segen aller. 

©Christel Fassian-Müller

Nach dem Tod

Ich glaube,

dass du noch da bist.

Irgendwo da,

an jenem Ort, den keiner von uns kennt.

Ich vertraue,

dass du mich hörst.

Immer dann,

wenn ich nach deiner Nähe schreie.

Ich weiß,

dass so viel von dir hierbleibt.

Mitten unter uns,

wo du mit uns gelebt hast.

Ich spüre,

dass wir verbunden bleiben.

Hier in mir,

wo unsere Liebe weiterlebt. 

©Christel Fassian-Müller

IMPRESSUM 

Christel Fassian-Müller